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Umfang des Akteneinsichtsrechts

Umfang des Akteneinsichtsrechts

Auf eine interessante Entscheidung zum Akteneinsichtsrecht hat die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) aufmerksam gemacht. Danach umfasst das Akteneinsichtsrecht im Zivilprozess, also das Recht der Parteien, jederzeit Einsicht in die Prozessakte des laufenden Verfahrens zu nehmen, auch die Befugnis, sich die vorläufige Aufzeichnung des Protokolls der mündlichen Verhandlung anzuhören (OLG Stuttgart, Beschl. v. 8.4.2021 – 10 W 11/21).

Das OLG schließt sich mit seiner Entscheidung der wohl h.M. in Rechtsprechung und Literatur an: Während eines laufenden Zivilverfahrens können die Parteien jederzeit die Prozessakten einsehen (§ 299 Abs. 1 ZPO). Damit können sie sich, so stellt das OLG Stuttgart klar, auch die sog. vorläufige Aufzeichnung der vom Gericht gem. § 160a Abs. 1 ZPO protokollierten mündlichen Verhandlung anhören. Irgendwelcher weiteren Voraussetzungen bedarf es dafür nicht, so die Stuttgarter Richter, die mit dem Beschluss einer Klägerin gestatteten, sich die Tonträgeraufzeichnung auf der Geschäftsstelle der Kammer anzuhören. Sie hatte moniert, im schriftlichen Protokoll sei etwas falsch festgehalten worden und wollte dieses berichtigen lassen.

Anders als etwa ihre Frankfurter Kollegen (OLG Frankfurt, Urt. v. 14.10.2016 – 10 U 64/16) halten die Stuttgarter Richter es nicht für nötig, dass die Partei ein besonderes berechtigtes Interesse darlegen muss, um sich die Aufzeichnung anzuhören. Die vorläufige Aufzeichnung sei vielmehr Bestandteil der Akte, in welche die Parteien Einsicht nehmen könnten. Sie verweisen auf die Auffassung des BGH, wonach die vorläufige Aufzeichnung Bestandteil der Akte ist, in welche die Parteien Einsicht nehmen können. Das Einsichtsrecht der Parteien diene deren Prozessführung und bestehe so lange, bis das betreffende Verfahren endgültig abgeschlossen sei (BGH, Beschl. v. 29.4.2015 – XII ZB 214/14).

Die Revision hat das OLG Stuttgart trotz Abweichung von der Rechtsprechung der Frankfurter Kollegen nicht zugelassen. Denn auch das dort geforderte besondere Interesse habe die Klägerin jedenfalls hinreichend dargelegt. Diese hatte vorgetragen, ihr Prozessbevollmächtigter habe entgegen dem schriftlichen Protokoll im Termin nicht erklärt, vom Urkundenprozess Abstand zu nehmen, sodass eine Protokollberichtigung notwendig werde.

[Quelle: BRAK]

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