Strafrecht 2023 #09

Pauschgebühr im JGG-Verfahren
Zur „besonderen Schwierigkeit“ i.S.v. § 51 Abs. 1 RVG bei einem Staatsschutzdelikt eines Jugendlichen. (Leitsatz des Verfassers) OLG München, Beschl. v. 2.1.2023 – 1 AR 280/22 I. Sachverhalt Staatsschutzverfahren beim JSchG Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger in einem JGG-Verfahren beim Jugendschöffengericht, in dem dem Angeklagten die die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in Tateinheit mit Sichverschaffen einer Anleitung […]
Pauschgebühr für den Zeugenbeistand
Dem gesetzgeberischen Grundgedanken, einen Zeugenbeistand als auf die Vernehmung beschränkt anzusehen und deshalb nicht wie einen Verteidiger zu vergüten, kann ggf. dann keine Bedeutung zukommen, wenn der Zeugenbeistand dem Zeugen an mehreren Verhandlungstagen über längere Zeit Beistand geleistet hat. (Leitsatz des Verfassers) OLG Dresden, Beschl. v. 3.1.2023 – 4 St 2/21 I. Sachverhalt Umfangreiche Tätigkeiten […]
Einstellung des Bußgeldverfahrens wegen Verjährung
Zur Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse, wenn das Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt wird. (Leitsatz des Gerichts) AG Büdingen, Beschl. v. 30.5.2023 – 60 OWi 48/23 I. Sachverhalt Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung wird eingestellt Der Betroffenen wurde eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt. Im Laufe des Verfahrens beantragte der Verteidiger gerichtliche Entscheidung bezüglich verschiedener […]
Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens
Wird das Verfahren wegen eines dauernden Verfahrenshindernisses eingestellt, fallen gemäß § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen der Betroffenen der Staatskasse zur Last. Abweichungen von dieser Regel sind nur ausnahmsweise zulässig. Das Ermessen ist dabei jedoch erst dann eröffnet, wenn das Gericht überzeugt ist, dass die Betroffene […]
Entkleidung einer Frau unter Beteiligung männlicher Polizeibeamter
Zur Strafbarkeit wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte durch Widerstandshandlungen einer weiblichen Person, die aufgrund polizeirechtlicher Vorschriften zur Durchsetzung einer Platzverweisung in Gewahrsam genommen und in eine Haftzelle verbracht wurde, gegen ihre Entkleidung, die nach zunächst erfolglosen Maßnahmen weiblicher Polizeibeamtinnen unter Anwendung unmittelbaren Zwangs unter Beteiligung mehrerer männlicher Polizeibeamter bis auf den Slip durchgeführt wurde. (Leitsatz […]
Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung durch Unterlassen
Der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB kann auch durch Unterlassen verwirklicht werden. Die hierfür erforderliche höhere Gefährlichkeit ist regelmäßig gegeben, wenn sich die zur Hilfeleistung verpflichteten Garanten ausdrücklich oder konkludent zu einem Nichtstun verabreden und mindestens zwei von ihnen zumindest zeitweilig am Tatort anwesend sind. (Leitsatz des Gerichts) BGH, Urt. v. 17.5.2023 – 6 […]
Gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung durch Unterlassen
§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass der Täter mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich die Körperverletzung begeht. Das ist bei einem Unterlassen durch zwei Garanten nicht der Fall. (Leitsätze des Gerichts) BGH, Beschl. v. 17.1.2023 – 2 StR 459/22 I. Sachverhalt Eltern lassen Kleinkind unterversorgt Das LG hat die Angeklagten u.a. jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung […]
Einspruch gegen an Zustellungsbevollmächtigten zugestellten  Strafbefehl
1. Die Einspruchsfrist gegen einen Strafbefehl wird nicht bereits mit dessen Zustellung an einen Zustellungsbevollmächtigten in Lauf gesetzt, wenn der Angeklagte in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union wohnhaft ist. Ausschlaggebend ist vielmehr der tatsächliche Zugang des Strafbefehls beim Angeklagten. 2. An einen Zustellungsbevollmächtigten kann nicht wirksam zugestellt werden, wenn der Richtervorbehalt des § 132 Abs. 2 […]
Organisationshaft: Bekundung der Therapieunwilligkeit
Selbst wenn der Verurteilte mehrfach seine Therapieunwilligkeit bekundet hat, ist dieser Umstand weder ein Gesichtspunkt, der im Rahmen einer Abwägung einzustellen wäre, noch ein Grund, die Aufnahme in eine Therapieeinrichtung nicht zügig zu betreiben. (Leitsatz des Verfassers) OLG Bamberg, Beschl. v. 7.11.2022 – 1 Ws 629/22 I. Sachverhalt Entschieden hat das OLG zur Rechtswidrigkeit sog. […]
Rechtlicher Hinweis; Revisionsvortrag bei der Durchsuchung
1. Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 105 StPO ist grundsätzlich nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn auch die polizeilichen Berichte über die Durchsuchungsmaßnahmen mitgeteilt werden. 2. Ein Angeklagter muss nicht ohne rechtlichen Hinweis nach § 265 StPO davon ausgehen, dass die Einziehung einer auf dem Dach einer Tennishalle installierten Photovoltaikanlage, die der Versorgung einer Marihuanaplantage […]
Wiedererkennensproblematik in den Urteilsgründen
Beruht der Tatnachweis im Wesentlichen auf dem Wiedererkennen des Angeklagten durch einen Tatzeugen, ist das Tatgericht aus sachlich-rechtlichen Gründen regelmäßig verpflichtet, die Angaben des Zeugen zur Täterbeschreibung zumindest in gedrängter Form wiederzugeben. (Leitsatz des Verfassers) BGH, Beschl. v. 25.5.2023 – 5 StR 483/22 I. Sachverhalt Verurteilung wegen Handeltreibens mit BtM aufgrund von Zeugenangaben Das LG […]
„Herr Pflichtverteidiger, Sie sind gefeuert!“ – Aufhebung der Beiordnung wegen grober Pflichtverletzung (OLG Celle, Beschl. v. 2.5.2023 – 5 StS 2/22)
I. Einführung In Fällen notwendiger Verteidigung führt der einmal bestellte Pflichtverteidiger das Mandat regelmäßig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens fort, es sei denn, es erfolgt ein Verteidigerwechsel unter den Voraussetzungen des § 143a StPO oder eine gesetzlich zwar nicht ausdrücklich geregelte, aber gleichwohl zulässige einvernehmliche kostenneutrale „Umbeiordnung“ (ausführlich zum Verteidigerwechsel und zu Fragen der Entpflichtung […]
StRR-Kompakt 2023_09
Pflichtverteidiger: rückwirkende Bestellung Die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers ist auch nach der Neuregelung des Rechts der Pflichtverteidigung nicht zulässig. OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.7.2023 – 5a Ws 1/21 Pflichtverteidiger: Betreuer; Schwere der Tat Wurde einem Angeklagten ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Vertretung gegenüber Behörden“ bestellt, liegen in der Regel zugleich die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 […]

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