1. Es ist von einem abgesprochenen, absichtlich durch den Schädiger herbeigeführte Schadensereignis auszugehen, wenn bei einem Abbiegemanöver aus einer Grundstücksausfahrt im Rahmen einer Streifkollision bei geringer Geschwindigkeit und einem nicht plausiblen Unfallhergang ein lukrativ abzurechnender Seitenschaden beim Fahrzeug des Anspruchstellers hervorgerufen wird,
2. Handelt es sich dabei um ein sicherungsübereignetes Fahrzeug im Rahmen einer Finanzierung, kann keine wirksame Einwilligung der Klägerin in eine Eigentumsverletzung des von ihr unterhaltenen Fahrzeuges bejaht werden.
3. In einem solchen Fall verstößt aber die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs aus dem weiterhin fremden Recht der ehemaligen Sicherungseigentümerin gegen Treu und Glauben, da die Klägerin wegen einer Unfallmanipulation verpflichtet wäre, den ihr letztendlich zufließenden Betrag nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB an die Beklagte zu 2) als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zurückzuerstatten.
4. Der Manipulationseinwand der Beklagten zu 2) scheitert auch nicht an den Angaben des Beklagten zu 1), der ein reales Unfallereignis behauptet hat, da ein etwaiges Geständnis des Beklagten zu 1) in der vorliegenden Konstellation, bei welcher die Beklagte zu 1) als Versicherer den Manipulationseinwand erhebt und als Nebenintervenient für den mitverklagten Fahrer auftritt, unbeachtlich ist.
I. Sachverhalt
Verdacht auf Unfallmanipulation bei Sicherungsübereignetem Kfz
Die Klägerin verfolgte einen Schadensersatzanspruch, bei dem sein geparkter Pkw aufgrund eines unachtsamen Abbiegens durch den Beklagten zu 1) beschädigt worden sein soll. Der Beklagte zu 1) hatte ein solches Unfallgeschehen im Prozess bestätigt, während die weitere Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer bei dem langgezogenen Streifschaden am Pkw des Klägers von einem abgesprochenen Unfallereignis ausgegangen ist. Im Laufe des Prozesses stellte sich sodann heraus, dass der Kfz auf der Klägerseite im Rahmen einer Finanzierung sicherungsübereignet worden ist. Bei der Überprüfung durch einen Gerichtssachverständigen stellte sich heraus, dass aus technischer Sicht erhebliche Bedenken zum Unfallhergang bestanden.
II. Entscheidung
Typische Konstellation für ein abgesprochenes Unfallereignis
Aus Sicht des LG war von einem abgesprochenen, absichtlich durch den Schädiger herbeigeführten, Schadensereignis auszugehen. Insbesondere hat die Kammer dabei berücksichtigt, dass bei einem Abbiegemanöver aus einer Grundstücksausfahrt im Rahmen einer Streifkollision ein lukrativ abzurechnender Seitenschaden beim Fahrzeug des Anspruchstellers bei einer vermeintlich klaren Haftungslage und widersprüchlichen Angaben der beteiligten Personen gewinnbringend fiktiv abgerechnet werden soll. Entscheidend dabei war, dass der behauptete Unfallhergang bei geringer Geschwindigkeit nicht plausibel nachvollzogen werden konnte, sondern bewusst gegen ein gut erkennbar geparktes Kfz gefahren wurde.
Einwand aus § 242 BGB bei Sicherungsübereignung entscheidend
Handelt es sich dabei wie um ein sicherungsübereignetes Fahrzeug im Rahmen einer Finanzierung, kann aus Sicht der Kammer zwar keine wirksame Einwilligung der Klägerin in eine Eigentumsverletzung des von ihr unterhaltenen Fahrzeuges bejaht werden, die eine Rechtswidrigkeit der Beschädigung entfallen lassen würde. Es ist jedoch von Amts wegen durch das Gericht ein Anspruchsausschluss nach § 242 BGB zu berücksichtigen, da der Klägerin im vorliegenden Fall angesichts der bereits abgeschlossenen Verwertung des Sicherungsgutes und der Abrechnung des Darlehensvertrages ein etwaiger Schadensersatz im Ergebnis wirtschaftlich zufließen würde. Dabei wäre zu beachten, dass die Klägerin wegen einer Unfallmanipulation verpflichtet wäre, den ihr letztendlich zufließenden Betrag nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB an die Beklagte zu 2) als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zurückzuerstatten.
III. Bedeutung für die Praxis
Das LG hatte sich mit einem typischen Sachverhalt für ein abgesprochenes Unfallereignis zu beschäftigen, bei dem ohne erhebliche Eigengefährdung ein lukrativer Seitenschaden bei einem angeblichen Rangiermanöver aus einer Grundstücksausfahrt herbeigeführt wurde, der im Gerichtsverfahren nicht plausibel dargestellt werden konnte.
Keine Einwilligung möglich, aber Einwand aus § 242 BGB
Die Besonderheit des Falles lag darin, dass das Fahrzeug finanziert und daher das Eigentum zur Sicherheit an die finanzierende Bank abgetreten worden ist. In solchen Fällen ist es in der Tat schwierig, die Rechtswidrigkeit der Eigentumsbeschädigung durch eine Einwilligung aufzulösen, wenn der Eigentumsübergang auf die finanzierende Bank stattgefunden hat. Überzeugender Weise wird in einer solchen Konstellation allerdings der Dolo-agit-Einwand aus § 242 BGB erhoben, wenn insbesondere nach Abschluss der Finanzierung ein wirtschaftlicher Vorteil bei der Klägerseite vorliegenden würde, der wiederum unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten wegen eines Betruges an die Beklagtenseite zurückzuerstatten wäre (vgl. hierzu auch OLG Hamm, Urt. v. 24.1.2012 – IX 9 U 66/11 – juris). Dieser Anspruchsausschluss ist auch vom Gericht im Anwendungsbereich des § 242 BGB von Amts wegen zu prüfen.
Keine Bindungswirkung eines Geständnisses
Darüber hinaus zeigt die Entscheidung noch einmal anschaulich, dass einer möglichen Schilderung des Unfallgeschehens durch den mit der Klägerseite zusammenwirkenden Fahrzeugführers auf der Beklagtenseite keine Geständnisfunktion zukommt und im Wege der Nebenintervention nach ständiger Rechtsprechung alle Einwendungen in der Sache auch im Falle einer Sicherungsübereignung entsprechend erhoben werden können. Keine Bindungswirkung entfaltet jedenfalls ein Geständnis, wenn die Parteien wie hier arglistig zum Nachteil eines Dritten zusammenwirken (OLG Hamm, Beschl. v. 22.12.2020 – I 9 U 123 / 20).