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Zum Versicherungsfall Vandalismus in der Kaskoversicherung

1. Der Versicherungsnehmer hat die mutwillige bzw. böswillige des versicherten Kfz als Anspruchsvoraussetzung zu beweisen.

2. Erfolgt die Beschädigung aufgrund einer Einwirkung mit einen oder mehreren Gegenständen auf das versicherte Fahrzeug kann auch ein Unfall im Sinne der AKB als von außen auf das Fahrzeug mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis gegeben sein, bei dem der Versicherer nach § 81 VVG beweisen muss, dass dies der Versicherungsnehmer selber herbeigeführt hat.

3. Dieser Nachweis ist allerdings geführt, wenn die Beschädigungen im Heckbereich nur bei einer geöffneten Fahrzeugklappe entstanden sein sollen, nach dem Vorbringen des VN unbekannte Täter bei einem verschlossenen Fahrzeug von außen die Beschädigungen hervorgerufen haben sollen. (Leitsatz des Verfassers)

OLG Celle, Urt. v. 8.8.202411 U 64/23

I. Sachverhalt

Vandalismuschaden mit Besonderheiten

Der Kläger begehrte eine Entschädigungsleistung aus der Kaskoversicherung wegen der Beschädigung seines Fahrzeuges in Form eines „Vandalismusschadens“: Unbekannte Täter sollen das abgestellte und ordnungsgemäß verschlossene Fahrzeug von außen rundherum mit entsprechenden Kratzspuren böswillig beschädigt haben. Der Versicherer hatte dagegen den Einwand erhoben, dass diese Kratzspuren, die sich nur auf einzelnen Fahrzeugteilen wiederfinden und an der Oberfläche verbleiben, als Grundlage für eine gewinnbringende fiktive Abrechnung vom Kläger selber herbeigeführt worden wären. Nach einer durchgeführten Beweisaufnahme hat sich herausgestellt, dass die im hinteren Bereich des Fahrzeuges vorhandene Kratzspur im Bereich des hinteren Stoßfängers nur entstanden sein kann, wenn die Heckklappe des Fahrzeuges auch geöffnet gewesen ist.

II. Entscheidung

Beweislast beim VN

Vor diesem Hintergrund haben das LG wie auch das OLG Celle die Leistungsklage des Klägers abgewiesen. So wäre zu beachten, dass der Kläger als Versicherungsnehmer eine mut- oder böswillige Beschädigung des versicherten Fahrzeuges Anspruchsvoraussetzung mit dem Versicherungsfall „Vandalismus“ nachweisen müsste. Ist dieser Beweis geglückt muss der Versicherer wiederum nachweisen, dass die Schäden nicht auf ein Verhalten dritter Personen zurückzuführen sind.

Beweislast für Vorsatz i.S.d. § 81 VVG liegt beim VR

Daneben kommt der Versicherungsfall des Unfalls nach Ziffer A.2.3.2 AKB in Betracht: Denn die mit einem Gegenstand durch äußere Einwirkung auf das Fahrzeug hervorgerufenen Beschädigungen würden dem Unfallbegriff unterfallen und ein von außen auf das Fahrzeug mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis darstellen. In diesem Fall würde es dem Versicherer obliegen, gemäß § 81 VVG den Nachweis zu führen, dass der Versicherungsnehmer den Schadensfall vorsätzlich herbeigeführt hat.

Hinweise für Vorsatz

Dieser Nachweis wäre vorliegend aber der Beklagtenseite nach der durchgeführten Beweisaufnahme geglückt: Denn nach den Angaben der Klägerseite sollten unbekannte Täter das Fahrzeug, ohne eine Zugangsmöglichkeit in das verschlossene Kfz gehabt zu haben, durch Einwirkung von außen beschädigt haben. Tatsächlich konnten die entsprechenden Schadenspuren im Bereich des Stoßfängers hinten am Fahrzeug nicht verursacht werden, wenn die Heckklappe geschlossen war. Diese musste also durch ein Zugriff auf das Fahrzeug vorher geöffnet worden sein und dies ließ sich nicht mit dem Klägervortrag in Einklang bringen, sehr wohl aber mit einem selber vom Kläger inszenierten Vandalismusschaden.

Bedeutung für die Praxis

Unterschiedliche Bewertungen in der Rechtsprechung

Die Entscheidung des OLG Celle zeigt anschaulich die Beweislastverteilung bei einem behaupteten „Vandalismusschaden“: Dabei ist zu beachten, dass in diesen Schadensfällen auch häufig der Versicherungsfall eines „Unfalls“ nach dem AKB erfüllt sein kann. Allerdings wird dem Versicherer dann die Möglichkeit eröffnet, den Nachweis zu führen, dass dieser „Unfall“ vorsätzlich durch den Versicherungsnehmer selber oder einen Repräsentanten herbeigeführt worden ist. Vorliegend konnte der Fall unter den dargelegten Umständen insoweit allerdings einfach aufgeklärt werden, da sich die Versicherungsnehmerseite hier offenkundig bei den Inszenierungen des Versicherungsfalls sehr ungeschickt angestellt hat. Zu dem gleichen Ergebnis gelangt man, wenn schon auf der Beweisebene des VN von einem atypischen Vandalismusschaden ausgegangen wird (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 1.8.2024 – 9 O 85/24, VRR ¢¢¢ [in diesem Heft) ansonsten sind die Hürden für den VR bei dem Nachweis einer vorsätzlichen Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den VN oder einen Repräsentanten deutlich höher.

RA Dr. Michael Nugel, FA für Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, Essen

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