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Rechtsprechungsübersicht zu den Teilen 1 – 3 VV RVG aus den Jahren 2019 bis 2021

Rechtsprechungsübersicht zu den Teilen 1 – 3 VV RVG aus den Jahren 2019 bis 2021

Die nachfolgende Übersicht berichtet über die Entwicklung der vergütungsrechtlichen Rechtsprechung in Verkehrszivilsachen zum Paragrafenteil des RVG und zu den Teilen 1 bis 3 und 7 VV RVG in den Jahren 2019 bis 2021. Der Beitrag hat den Stand von Mitte August 2021.

Norm Gericht/Fundstelle Inhalt
§ 2 RVG LG Ravensburg AGS 2021, 328 1. Der Erstattungsanspruch des Geschädigten auf Ersatz (vorgerichtlicher) Rechtsanwaltskosten ist auf den Geschäftswert begrenzt, der auf Grundlage des Gegenstandswertes ermittelt wird, der letztlich der festgestellten oder zwischen den Parteien unstreitig gewordenen Schadenshöhe entspricht (Anschluss BGH VRR 11/2017, 8 = AGS 2017, 365 = RVGreport 2017, 424).

2. Der Gegenstandswert der Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG richtet sich nach dem Wert derjenigen Schadenspositionen, über die unter Mitwirkung des Rechtsanwalts eine Einigung erzielt worden ist.
§§ 3a, 4 RVG BGH AGS 2020, 161 = VRR 5/2020, 3 (Ls.) = RVGreport 2020, 211 1. Eine formularmäßige Vergütungsvereinbarung, welche eine Mindestvergütung des Rechtsanwalts in Höhe des Dreifachen der gesetzlichen Vergütung vorsieht, ist jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern wegen unangemessener Benachteiligung des Mandanten unwirksam, wenn das Mandat die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Mandanten betrifft und die Vergütungsvereinbarung zusätzlich eine Erhöhung des Gegenstandswertes um die Abfindung vorsieht.

2. Die formularmäßige Vereinbarung eines Zeithonorars, welche den Rechtsanwalt berechtigt, für angefangene 15 Minuten jeweils ein Viertel des Stundensatzes zu berechnen, benachteiligt den Mandanten jedenfalls im Rechtsverkehr mit Verbrauchern entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.

Sieht eine Vergütungsvereinbarung ein Zeithonorar für Sekretariatstätigkeiten vor und eröffnet sie dem Rechtsanwalt die an keine Voraussetzungen gebundene Möglichkeit, statt des tatsächlichen Aufwandes pauschal 15 Minuten pro Stunde abgerechneter Anwaltstätigkeit abzurechnen, gilt insoweit die gesetzliche Vergütung als vereinbart.
§ 7 RVG OVG NRW, Beschl. v. 24.8.2020 – 12 E 595/19. Mit der Begrenzung der von jedem Auftraggeber maximal geschuldeten Kosten legt § 7 Abs. 2 Satz 1 RVG auch den im Verhältnis des Anwalts zum einzelnen Auftraggeber gebührenrechtlich maximal festsetzbaren Betrag fest. Inwieweit ein einzelner von mehreren Auftraggebern mit Blick auf seinen Anteil am Streitgegenstand womöglich mit einem geringeren Betrag für die maximale Gesamtvergütung nach § 7 Abs. 1 RVG haftet, ist eine Frage des Innenverhältnisses zwischen den Auftraggebern
§ 9 RVG BGH AGS 2019, 170 = RVGreport 2019, 208 Der Rechtsanwalt ist nach Kündigung des Mandats vertraglich verpflichtet, erhaltene Vorschüsse abzurechnen. Der Rechtsanwalt ist vertraglich verpflichtet, erhaltene und nicht verbrauchte Vorschüsse nach Kündigung des Mandats an den Mandanten zurückzuzahlen. Der Rechtsanwalt ist nicht allein deshalb zur Rückzahlung geforderter und erhaltener Vorschüsse verpflichtet, weil er pflichtwidrig keine den gesetzlichen Anforderungen genügende Rechnung erstellt und dem Mandanten mitgeteilt hat.
§ 10 RVG OLG Saarbrücken NJW-Spezial 2020, 668. 1. Verlangt der Geschädigte eines Verkehrsunfalls die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten, kommt es für die Fälligkeit des Anspruchs auf eine ordnungsgemäße Rechnungstellung durch den beauftragten Anwalt nicht an.

2. § 10 RVG, der die Pflicht zur Rechnungstellung durch einen Anwalt begründet, ist nur dann anwendbar, wenn der Anwalt selbst eine nach dem RVG berechnete Vergütung von seinem Mandanten fordert.
§ 11 RVG OLG Hamm AGS 2021, 321 Wird im Vergütungsfestsetzungsverfahren gem. § 11 RVG die Bestimmung des maßgeblichen Gebührenstreitwerts nach § 33 RVG erforderlich, ist das Verfahren gem. § 11 Abs. 4 RPflG bis zur Entscheidung des hierfür zuständigen Ausgangsgerichts auszusetzen.
§ 11 RVG OLG Karlsruhe AGS 2020, 333 = RVGreport 2020, 456 1. Beantragt der Auftraggeber die Festsetzung der Rechtsanwaltsvergütung im vereinfachten Verfahren nach § 11 Abs. 1 S. 1 RVG, steht seiner Antragsberechtigung nicht entgegen, dass seine Rechtsschutzversicherung die vom seinem ehemaligen Prozessbevollmächtigten in Rechnung gestellten Gebühren bereits ausgeglichen hat.

2. Zwar sind infolge der Zahlung etwaige Rückzahlungsansprüche des Versicherungsnehmers gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen, sodass dieser ein eigenes Antragsrecht nach § 11 RVG zusteht, jedoch kann die Versicherung den Versicherungsnehmer im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zur Führung des Festsetzungsverfahrens ermächtigen.

3. Da der Versicherungsnehmer aufgrund des Versicherungsvertrags dazu verpflichtet ist, anspruchsverfolgende Maßnahmen gegen möglicherweise zur Zahlung verpflichtete Dritte zu ergreifen, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis dahin, im vereinfachten Verfahren nach § 11 RVG kostengünstig klären zu lassen, ob seinem ehemaligen Prozessbevollmächtigten die abgerechneten Gebühren in voller Höhe zustehen. Dieses Interesse ergibt sich unabhängig davon, ob ihm ein eigener Rückforderungsanspruch zusteht.

4. Die Rechtsschutzversicherung ist berechtigt, einen Rechtsanwalt damit zu beauftragen, ihren Versicherungsnehmer anzuschreiben und diesen unter Hinweis auf seine versicherungsvertragliche Verpflichtung um die Erteilung eines Mandats zur Führung des vereinfachten Vergütungsfestsetzungsverfahrens zu bitten. Insoweit liegt auch kein Fall einer unzulässigen Werbung im Sinne von § 43b BRAO vor.

5. Wendet der ehemalige Prozessbevollmächtigte ein, der Festsetzungsantrag sei unzulässig, weil es an einer wirksamen Vollmachtserteilung sowie dem Rechtsschutzbedürfnis fehle und die Antragstellung rechtsmissbräuchlich sei, handelt es sich nicht um nicht gebührenrechtliche Einwendungen i.S.d. § 11 Abs. 5 RVG, sondern um prozessuale Fragen, die im Rahmen der Zulässigkeit des Antrags zu prüfen sind.
§ 14 RVG

Nr. 2300 VV RVG
OLG Frankfurt, Urt. v. 7.2.2020 – 27 U 1/16 1. Bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG obliegt dem Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Bestimmung der Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Übt der Rechtsanwalt das durch die Vorschrift eingeräumte Ermessen aus, nimmt er ein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 BGB wahr.

2. Ist dieses Gestaltungsrecht ausgeübt worden, ist der Rechtsanwalt hieran grundsätzlich gebunden.

3. Die Leistungsbestimmung erfolgt durch einseitige, empfangsbedürftige, ggf. auch stillschweigende Willenserklärung gegenüber dem Mandanten, die nicht formgebunden ist, nicht in oder zugleich mit einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung nach § 10 RVG erfolgen muss und auch nachträglich in der Weise vorgenommen werden kann, dass dem in einer bereits mitgeteilten, allerdings noch vorläufigen Berechnung angewendeten Gebührensatz endgültige Bedeutung verliehen wird.

4. Die Bestimmung der Rahmengebühr setzt insbesondere nicht voraus, dass der Rechtsanwalt bereits ausdrücklich eine Schlussrechnung erteilt bzw. erteilt hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das zugrundeliegende Mandat bereits beendet worden ist.

5. Eine weitergehende, über die Verbindlichkeit der dem Rechtsanwalt obliegenden und vom Mandanten erwarteten Leistungsbestimmung hinsichtlich der Höhe der Rahmengebühr hinausreichende Bindung auch an die sonstigen Parameter der Honorarberechnung, insbesondere in Bezug auf die Zugrundelegung des Gegenstandswerts, setzt indessen grundsätzlich die Feststellung des Abschlusses eines Erlassvertrags nach § 397 BGB zwischen Rechtsanwalt und Mandant voraus, wobei für die Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Erlassvertrags ein unzweideutiges Verhalten zu verlangen ist, welches keine Zweifel am Willen zum einseitigen Rechtsverzicht aufkommen lässt.
§ 15 RVG BFH, Beschl. v. 27.11.2020 – X E 4/20 Dieselbe Angelegenheit ist gegeben, wenn es sich um einen einheitlichen Auftrag handelt, der Rahmen beider Tätigkeiten der gleiche ist und zwischen den einzelnen Gegenständen ein innerer objektiver Zusammenhang in dem Sinne besteht, dass es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handelt.
§ 15 RVG AG Pfaffenhofen, Urt. v. 15.9.2020 – 1 C 480/20 1. Gegenstand einer Angelegenheit ist das Recht oder das Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts aufgrund des Auftrags bezieht, wobei es nicht auf den Wortlaut der für das Außenverhältnis maßgeblichen Vollmacht ankommt. Ob eine Angelegenheit einen oder mehrere Gegenstände betrifft, bestimmt sich nach objektiven Maßstäben.

2. Bei Inanspruchnahme von Halter, Fahrer und Versicherer desselben Fahrzeuges ist eine Angelegenheit gegeben.

3. Mehrere Angelegenheiten liegen vor, wenn es sich um Halter, Fahrer und Versicherer verschiedener unfallbeteiligter Fahrzeuge handelt.

4. Die Vertretung mehrerer Unfallopfer aufgrund getrennter Aufträge sind unterschiedliche Angelegenheiten; das gilt auch bei der Vertretung von Eheleuten.
§ 15 RVG AG Düren, Urt. v. 19.2.2020 – 45 C 264/19 Ein und dieselbe Angelegenheit i.S.v. §§ 7, 15 RVG liegt dann nicht vor, wenn der von mehreren Geschädigten (hier: Ehepaar) beauftragte Rechtsanwalt anlässlich des gleichen Schadensereignisses separat mandatiert wird und in getrennten Briefen korrespondiert.
§ 15 RVG AG Augsburg AGS 2019, 550 Wenn zwei Personen Ansprüche aus demselben Verkehrsunfall geltend machen (hier: Schadensersatzanspruch durch die Fahrzeugeigentümerin und Schmerzensgeldanspruch durch die Fahrzeugführerin) und den Auftrag dazu an unterschiedlichen Tagen demselben Rechtsanwalt erteilen, handelt es sich nicht um eine einheitliche Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 RVG. Nur weil die Mandantinnen Mutter und Tochter sind, kann nicht gefolgert werden, dass diese auch mit der gemeinsamen Geltendmachung der Forderungen einverstanden sind. Der Anwalt dürfte also aufgrund seiner Verschwiegenheitsverpflichtung nicht von sich aus die Ansprüche in einem Verfahren führen (Abgrenzung BGH RVGreport 2011, 339).
§ 15 RVG AG Lörrach AGS 2019, 355 = VRR 7/2019, 24 = RVGreport 2019, 253 Die Beauftragung eines Rechtsanwalts nach einem Kfz-Unfall durch den Fahrzeughalter für die Regulierung des Sachschadens und die Beauftragung durch den Unfallverletzten hinsichtlich der erlittenen Verletzungen stellt keine einheitlich abzurechnende Angelegenheit dar. Es liegt vielmehr eine Beauftragung durch zwei verschiedene Auftraggeber wegen unterschiedlicher Schäden vor. Die erteilten Aufträge betreffen daher nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne von § 7 RVG.
§ 15a RVG AG Rosenheim AGS 2020, 202 Werden die vorgerichtlichen Anwaltskosten (die Geschäftsgebühr) nach Zahlung der Hauptforderung isoliert eingeklagt, weil sie vom Gegner nicht erstattet wurden, erfolgt im Falle des Obsiegens im Kostenfestsetzungsverfahren mangels Gegenstandsidentität keine Anrechnung nach § 15a Abs. 2 RVG der titulierten Geschäftsgebühr auf die gerichtliche Verfahrensgebühr.
§ 22 RVG BFH, Beschl. v. 27.11.2020 – X E 4/20 Werden in derselben Angelegenheit mehrere Gegenstände (für einen oder mehrere Auftraggeber) verfolgt, sind deren Gegenstandswerte gemäß § 22 Abs. 1 RVG werterhöhend zusammenzurechnen. Wenn hingegen für mehrere Auftraggeber in derselben Angelegenheit derselbe Gegenstand verfolgt wird (z.B. bei Gesamtschuldnern), kommt es zwar nicht zur Zusammenrechnung der Gegenstandswerte, wohl aber zur Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG.
§§ 32, 33 RVG OLG München AGS 2021, 39 Beanstandet eine Partei die Streitwertfestsetzung für die Gerichtsgebühren oder beruft sie sich darauf, die Rechtsanwaltsgebühren seien aus einem anderen Gegenstandswert als die Gerichtsgebühren zu bemessen (Antrag gemäß § 33 Abs. 1 RVG, gegebenenfalls konkludent gestellt), so ist vor der Kostenfestsetzung zunächst eine diesbezügliche richterliche Entscheidung herbeizuführen (vgl. BGH NJW-RR 2014, 892).
§ 33 RVG OLG Frankfurt AGS 2020, 518 1. Ein Rechtsanwalt kann nach Niederlegung seines Mandats den Wert des Gegenstands seiner Tätigkeit bis zu seinem Ausscheiden aus dem Verfahren nach § 33 Abs. 1 RVG festsetzen lassen.

2. Gegen eine Verweigerung des Amtsgerichts, einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG zu verbescheiden, ist die Beschwerde nach § 33 Abs. 3 RVG eröffnet.
§ 32 RVG

§§ 43, 63 GKG
OLG Frankfurt AGS 2021, 514 Es ist unerheblich, ob der Kläger die Kosten wegen des vorprozessualen Beweissicherungsverfahrens mit dem Klageantrag formal in einer Gesamtforderung geltend macht oder ob er bereits im Klageantrag seine Forderung in mehrere Posten aufgliedert. Unabhängig davon bleibt nur die Hauptforderung streitwertbestimmend und nicht der um die Nebenforderung erhöhte Zahlungsanspruch. Die Einordnung der vorprozessualen Kosten zur Rechtsdurchsetzung als Nebenforderung gemäß den 4 Abs. 1 ZPO, 43 Abs. 1 GKG ist eine Rechtsfrage, die nicht der Disposition des Klägers unterliegt.
§ 32 RVG

§ 48 GKG

§ 3 ZPO
OLG Dresden AGS 2020, 226 = RVGreport 2020, 184 1. Für den Streitwert einer Deckungsschutzklage ist die volle Verfahrensgebühr nach dem Streitwert des Haftpflichtprozesses auch dann maßgeblich, wenn der Versicherer vorprozessual eine Geschäftsgebühr an den Anwalt des Versicherungsnehmers gezahlt hat.

2. Sachverständigenkosten sind für den Streitwert des Deckungsschutzes dann einzubeziehen, wenn sie mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Dem Gericht, bei dem der Deckungsschutzprozess anhängig ist, kommt insofern ein Prognosespielraum zu, der vom Beschwerdegericht nur eingeschränkt überprüft werden kann.
§§ 45, 48 RVG OLG Brandenburg JurBüro 2020, 635 Bei nur teilweiser Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe umfasst auch die Beiordnung nur diesen Teil. Der Rechtsanwalt erhält eine Vergütung aus der Staatskasse nur nach dem Wert des Teils, für den er beigeordnet wurde. Der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse ist so zu berechnen, als ob nur der von der Bewilligung umfasste Betrag geltend gemacht worden wäre (Differenzmethode). Dies gilt auch für den Antragsgegner, dem Teilverfahrenskostenhilfe nur zur Abwehr des vom Gericht als erhöht angesehenen Teils einer Forderung bewilligt wird.
Nr. 1000, 1003 VV RVG

§ 91 ZPO
AG Hannover AGS 2021, 46 Treffen die Parteien im laufenden Deckungsprozess eine konkrete Vereinbarung dahingehend, dass die beklagte Versicherung den Schaden reguliert, der Kläger die Klage zurücknimmt und die Verfahrenskosten von der Beklagten übernommen werden und sie sich verpflichtet, keinen eigenen Kostenantrag zu stellen, entsteht dadurch zwar eine anwaltliche Einigungsgebühr. Die Vereinbarung ist aber dahingehend auszulegen, dass die Beklagte keine Vergleichsgebühr zu erstatten hat.
Nr. 1008 VV RVG OLG Frankfurt AGS 2020, 563 Für den Ansatz der Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG ist jedenfalls dann kein Raum, wenn der Bevollmächtigte zwar für die von ihm vertretenen Antragsteller in derselben Angelegenheit tätig geworden ist, jedoch keine Identität des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit vorliegt.
Nr. 1009 VV RVG LG Karlsruhe AGS 2019, 253 Zahlt ein Schuldner den Betrag aus einem gerichtlichen Vergleich auf das Konto der Prozessbevollmächtigten des Gläubigers, ohne von diesem hierzu aufgefordert worden zu sein und ohne dass eine entsprechende Empfangsvollmacht vorliegt, so entsteht eine Hebegebühr nebst Post- und Telekommunikationspauschale, die von dem Schuldner als notwendige Kosten des Rechtsstreits zu erstatten ist.
Nr. 1010 VV RVG OLG München AGS 2020, 374 = RVGreport 2020, 340 1. Bei der Zusatzgebühr gemäß Nr. 1010 VV RVG findet das gesetzgeberische Anliegen in dem bereits nicht klar gefassten Wortlaut einen nur unzureichenden Ausdruck; eine Korrektur im Sinne einer Erweiterung des Anwendungsbereiches obliegt jedoch dem Gesetzgeber.

2. Es ist daher erforderlich, dass in mindestens drei gerichtlichen Terminen Sachverständige oder Zeugen vernommen werden; Ortstermine eines Sachverständigen sind daher nicht mitzuzählen.
Nr. 2300 VV RVG OLG Frankfurt AGS 2020, 561

so auch OLG Köln, Urt. v. 30.6.2020 – 4 U 296/19
Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen. Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Dies verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestandes in Nr. 2300 VV RVG, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nicht in das Ermessen des Rechtsanwalts stellt, sondern bestimmt, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war.
Nr. 2300 VV RVG, § 14 RVG OLG Schleswig SchlHA 2020, 192 Soweit die vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit zweckmäßig war, hat der Geschädigte gem. §§ 826, 249 BGB Anspruch auf Erstattung der insoweit entstandenen Rechtsanwaltskosten. Gemäß Nr. 2300 VV RVG ist eine 1,3-fache Geschäftsgebühr zugrunde zu legen, da es sich bei dem Anspruch um ein Massenphänomen handelt (deliktische Haftung des Kfz-Herstellers im Rahmen des sog. Abgasskandals).
Nr. 2300 VV RVG, § 14 RVG AG Düren, Urt. v. 19.2.2020 – 45 C 264/19 Ein Überschreiten der Schwellengebühr von 1,3 kann nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, dass der Rechtsanwalt hinsichtlich der Regulierung von Personenschäden über Spezialwissen verfüge, denn bei der Vertretung in einer Verkehrsunfallangelegenheit handelt es sich – auch soweit es um die Regulierung von Personenschäden geht – eher um eine anwaltliche Standardmaterie.
Nr. 2300 VV RVG, § 14 RVG LG Hildesheim, Beschl. v. 9.10.2020 – 4 O 300/19. Für eine vorgerichtliche anwaltliche Tätigkeit ist eine Geschäftsgebühr von mehr als 0,5 nicht gerechtfertigt, wenn nur die Daten des Mandanten erfasst und ein standardisiertes Schreiben versandt worden sind, ohne eine weitere vorgerichtliche Tätigkeit in diesem Mandatsverhältnis entfaltet zu haben.
Nr. 2300 VV RVG, § 14 RVG LG Essen, Urt. v. 6.11.2019 – 16 O 135/19 Die Erhöhung einer Geschäftsgebühr über die Regelgebühr von 1,3 ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Toleranzrechtsprechung bis zu einer Überschreitung von 20 % der gerichtlichen Prüfung entzogen (vgl. BGH VRR 2012, 399 = RVGreport 2012, 375 = AGS 2012, 373).
Nr. 2300 VV RVG OLG Brandenburg, Urt. v. 26.2.2020 – 11 U 102/17 1. Für das Betreiben des Geschäfts durch den Rechtsanwalt einschließlich der Information des Mandanten fällt eine 0,5 bis 2,5-fache Geschäftsgebühr an, wenn der Auftrag auf eine anwaltliche Tätigkeit nach außen in Form der außergerichtlichen Vertretung oder auf die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrages gerichtet ist.

2. Eine erfolgreiche Vergütungsklage erfordert vor allem ausreichende Darlegungen zum Abschluss des Anwaltsvertrages, zu der Tätigkeit, die von dem geltend gemachten Tatbestand des VV RVG erfasst wird, sowie zur Fälligkeit und zur Berechnung des eingeklagten Anspruchs.

3. Ergibt sich für das Gericht, dass die Tätigkeit des Anwalts auftragsgemäß nicht lediglich auf eine interne Beratung, sondern auch nach außen gerichtet sein sollte, so spielt die Entstehung der Gerichtsgebühr für die Frage, ob eine aktive oder nur eine passive Vertretung vereinbart war, keine Rolle. Da sie als sogenannte Betriebsgebühr mit der ersten anwaltlichen Tätigkeit anfällt, ist es unerheblich, ob und in welchem Umfange tatsächlich eine Vertretung stattgefunden hat.
Nr. 2300 VV RVG

Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG

Nr. 3100 VV RVG
BGH VRR 8/2021, 12 1. Zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (hier: Klage wegen Inverkehrbringens eines Kraftfahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung).

2. Erteilt der Mandant den unbedingten Auftrag, im gerichtlichen Verfahren tätig zu werden, lösen bereits Vorbereitungshandlungen die Gebühren für das gerichtliche Verfahren aus, und zwar auch dann, wenn der Anwalt zunächst nur außergerichtlich tätig wird. Für das Entstehen der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG ist dann kein Raum mehr. Anders liegt es, wenn sich der Auftrag nur auf die außergerichtliche Tätigkeit des Anwalts beschränkt oder der Prozessauftrag jedenfalls unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass zunächst vorzunehmende außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos bleiben. Ein lediglich (aufschiebend) bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG nicht entgegen. Der Kläger hat dazulegen und im Streitfall zu beweisen, dass er seinen Prozessbevollmächtigten zunächst lediglich mit seiner außergerichtlichen Vertretung beauftragt oder ihm einen nur bedingten Prozessauftrag erteilt hat.
Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG OLG Karlsruhe AGS 2021, 116 = JurBüro 2021, 136 Ein für die Entstehung der vollen Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG notwendiger Sachantrag im Sinne von Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG liegt auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte eines Beklagten schriftsätzlich ankündigt, in der mündlichen Verhandlung zu beantragen, die Klage abzuweisen.
Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG OVG Hamburg AGS 2020, 471 2. Der Gebührentatbestand der Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG konkretisiert für den Fall des Mehrvergleichs das Betreiben des Geschäfts im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 2 VV RVG und damit zugleich den für einen Prozess- oder Verfahrensauftrag im Sinne der Vorbemerkung 3 Abs. 1 Satz 1 VV RVG notwendigen, aber auch hinreichenden Auftragsgegenstand.

2. Das Entstehen einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG setzt daher keinen unbedingten Klageauftrag hinsichtlich der Ansprüche, die den Gegenstand des Mehrvergleichs bilden, voraus. Es genügt, wenn der Auftrag darauf gerichtet ist, dass im Sinne des Gebührentatbestands der Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG hinsichtlich nicht rechtshängiger Ansprüche vor Gericht über eine Einigung verhandelt oder eine Einigung protokolliert oder das Zustandekommen einer Einigung festgestellt werden soll.

3. Ist hinsichtlich des Anspruchs, der den Gegenstand des Mehrvergleichs bildet, bereits ein Auftrag zur außergerichtlichen Vertretung erteilt worden, muss der Auftrag eine (teilweise) Änderung erfahren haben, wenn der Gebührentatbestand der Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG eingreifen soll
Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG Nr. 3104 VV RVG LG Osnabrück AGS 2921, 149 Eine Terminsgebühr für eine Besprechung entsteht nicht, wenn eine Kommunikation zwischen den Beteiligten nur über das Gericht stattfindet, das die Informationen dem jeweils anderen Beteiligten mitteilt. Es fehlt, ähnlich wie bei einem Austausch per E-Mail oder Schriftverkehr, an dem für eine Besprechung wesentlichen Element des unmittelbaren Einwirkens auf den jeweils anderen.
Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG Nr. 3104 VV RVG Thüringer OVG AGS 2021, 31 Eine Terminsgebühr kann zur Entstehung gelangen, wenn der Kammervorsitzende, Einzelrichter oder Berichterstatter mit den Beteiligten außerhalb eines Termins jeweils in getrennten Telefonaten die Sach- und Rechtslage erörtert und auf Basis dieser Gespräche ein Vergleich geschlossen wird.
Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG; Nr. 3104 VV RVG OLG Hamm AGS 2020, 561 Die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG entsteht auch, wenn die Prozessgegner – vermittelt durch das zuständige Gericht – telefonische Gespräche führen, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Auch hierbei handelt es sich um außergerichtliche Besprechungen i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG.
Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG; Nr. 3104 VV RVG OLG Karlsruhe AGS 2020, 333 = RVGreport 2020, 456 Aus Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG folgt, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG nur dann anfällt, wenn der Gesprächspartner zu einer Einigung bereit ist.
Nr. 3104 VV RVG BGH AGS 2020, 371 = RVGreport 2020, 343 Für die Terminsgebühr nach Nr. 3104 Anm. Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 VV RVG genügt der Abschluss eines außergerichtlichen schriftlichen Vergleichs; nicht erforderlich ist, dass der Vergleich protokolliert oder sein Zustandekommen gemäß § 278 Abs. 6 ZPO seitens des Gerichts festgestellt wird.

Bemerkung: Durch das KostRÄG 2021 zum 1.1.2021 gesetzlich klargestellt (BT-Drucks 19/23484, S. 84).
Nr. 3104 VV RVG OLG Frankfurt AGS 2020, 503 1. Bei einer teilweisen Klagerücknahme im Termin der mündlichen Verhandlung entsteht die Terminsgebühr aus dem ursprünglichen Streitwert, auch wenn die teilweise Klagerücknahme vorher angekündigt wurde.

2. Die Terminsgebühr entsteht aus dem ursprünglichen Streitwert und nicht aus dem nach Klagerücknahme reduzierten Streitwert, wenn die Klage erst nach dem Aufruf der Sache teilweise zurückgenommen wird und der Rechtsanwalt bei Aufruf der Sache anwesend war.
Nr. 3105 VV RVG OLG Naumburg AGS 2019, 551 Die auf 0,5-Gebühren reduzierte Termingebühr nach § 13, Nr. 3203 VV RVG setzt nicht voraus, dass ein Versäumnisurteil tatsächlich ergangen ist; der Gebührentatbestand hängt vielmehr ausschließlich davon ab, ob ein Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt worden ist.
Nr. 3309 VV RVG OLG Brandenburg AGS 2020, 510 Für den Rechtsanwalt des Gläubigers beginnt das dem Unterabschnitt 3. Vollstreckung und Vollziehung unterfallende Vollstreckungsverfahren mit einer Zahlungsaufforderung unter gleichzeitiger Androhung der Zwangsvollstreckung. Rein vorbereitende Maßnahmen wie ein anwaltliches Mahnschreiben, die erste Nachricht an den Rechtsanwalt des Schuldners oder die bloße Aufforderung des Schuldners zur Leistungserbringung ohne Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen können die Vollstreckungsgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nicht auslösen.
Nr. 3309 VV RVG OLG Stuttgart AGS 2020, 477 = RVGreport 425 Die nach Abschluss eines Prozessvergleichs im Zusammenhang mit dem Antrag auf Erlass einer Strafandrohung stehende anwaltliche Tätigkeit löst eine Vollstreckungsgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG aus, die nicht durch die im Hauptsacheprozess verdiente Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG abgegolten ist.
Nr. 3309 VV RVG AG Heilbronn AGS 2020, 512 Die Rechtsanwaltsgebühr für die erfolglose Vollstreckungsandrohung ist mit der Gebühr für den nachfolgenden, sich unmittelbar anschließenden Vollstreckungsauftrag (hier: Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft) zu verrechnen. Grund hierfür ist, dass die Vollstreckungsandrohung als solche keine eigene, sondern lediglich eine vorbereitende Maßnahme für den tatsächlichen Vollstreckungsauftrag ist.
Nr. 3309 VV RVG LG Landshut AGS 2020, 100 1. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts in der Vollstreckung beginnt nicht erst mit der Beantragung von staatlichem Zwang, sondern mit seinem Tätigwerden nach Erteilung des Vollstreckungsauftrags, häufig mit der Entgegennahme der Information oder der Prüfung, ob eine Vollstreckungsmaßnahme sinnvoll ist. Hierfür erhält er bereits eine 0,3 Vollstreckungsgebühr.

2. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts in der Vollstreckung beginnt nicht erst mit der Beantragung von staatlichem Zwang, sondern mit seinem Tätigwerden nach Erteilung des Vollstreckungsauftrags, häufig mit der Entgegennahme der Information oder der Prüfung, ob eine Vollstreckungsmaßnahme sinnvoll ist. Hierfür erhält er bereits eine 0,3 Vollstreckungsgebühr.

3. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts bei Vollstreckungsmaßnahmen ist im Zivilrecht immer als notwendig anzusehen ist, und zwar selbst in dem Fall, dass ein Großunternehmen die Zwangsvollstreckung betreibt.

4. Wenn ein Rechtsanwalt in einem Abstand von jeweils zwei Jahren eine Bonitätsauskunft einholt und dann darüber entscheidet, ob ein Vollstreckungsorgan mit Vollstreckungsmaßnahmen beauftragt werden soll oder nicht, stellt das Tätigwerden im Abstand von zwei Jahren jeweils eine neue Angelegenheit dar, die abrechenbar ist.
Nr. 3309 VV RVG BGH AGS 2019, 393 RVGreport 2019, 385 1. Wird der Versuch einer gütlichen Erledigung nicht als isolierte Vollstreckungsmaßnahme in einem gesonderten Vollstreckungsauftrag beantragt, stellt er keine besondere Angelegenheit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar, für die dem Rechtsanwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG zusteht.

2. Eine Vollstreckung kann durch eine gütliche Einigung beendet werden, wenn der Gerichtsvollzieher aufgrund des Vollstreckungsauftrags zunächst eine gütliche Einigung versuchen soll. Kommt eine Einigung nicht zustande, wird die weitere Vollstreckung vom Gerichtsvollzieher aufgrund des schon erteilten, einheitlichen Vollstreckungsauftrags des Gläubigers betrieben. Der gescheiterte Versuch der gütlichen Einigung stellt sich dann im Fall des kombinierten Vollstreckungsauftrags lediglich als bloß vorbereitende Vollstreckungshandlung dar, die nur dazu dient, die nachfolgenden Vollstreckungsmaßnahmen zu betreiben.
Nr. 3309 VV RVG BGH RVGreport 2019, 290 1. Der Antrag des Gläubigers auf Einholung von Drittauskünften gemäß §§ 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 802l ZPO stellt eine besondere gebührenrechtlichen Angelegenheit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG dar, für die der Rechtsanwalt eine 0,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3309 VV RVG fordern kann.

2. Unerheblich ist hierbei, ob der Gerichtsvollzieher die Drittauskünfte aufgrund eines gesondert gestellten Antrags des Gläubigers nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO eingeholt hat oder ob der Gläubiger diesen Antrag im Rahmen eines einheitlichen Zwangsvollstreckungsauftrags zusammen mit dem Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO gestellt hat.
Nr. 7003 – 7006 VV RVG, § 91 ZPO LG Oldenburg AGS 2021, 308 Die Reisekosten eines an einem dritten Ort (weder Gerichtsort noch Wohn- oder Geschäftsort der Parteien) ansässigen Prozessbevollmächtigten sind nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Parteien ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig. Die tatsächlichen Reisekosten eines Rechtsanwalts am dritten Ort, dessen Hinzuziehung als nicht notwendig i.S.v. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO anzusehen ist, sind insoweit zu erstatten, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte.
Nr. 7003 – 7006 VV RVG, § 91 ZPO BGH VRR 9/2018, 20 = AGS 2018, 319 = RVGreport 2018, 341 Ist die Hinzuziehung eines auswärtigen Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO, führt dies lediglich dazu, dass die Mehrkosten, die gegenüber der Beauftragung von bezirksansässigen Prozessbevollmächtigten entstanden sind, nicht zu erstatten sind. Tatsächlich angefallene Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts sind deshalb insoweit erstattungsfähig, als sie auch dann entstanden wären, wenn die obsiegende Partei einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks beauftragt hätte.
Nr. 7003 – 7006 VV RVG, § 91 ZPO OLG München JurBüro 2021, 32 1. Auch wenn die Beauftragung eines Rechtsanwaltes „am dritten Ort“ im Einzelfall kostenrechtlich als sachdienlich anzusehen ist, beispielsweise weil die Kriterien der BGH-Rechtsprechung zum sog. „Hausanwalt“ erfüllt sind oder weil die Partei eine Vielzahl von gleichartigen Prozessen im gesamten Bundesgebiet zu führen hat, bedeutet dies nicht, dass die Mehrkosten dieses Anwaltes am dritten Ort automatisch in voller Höhe erstattungsfähig sind.

2. Wird der Rechtsstreit am Sitz der Partei geführt und sind auch dort Rechtsanwälte tätig, die als „Hausanwalt“ in Betracht kämen, dann besteht kein Grund, die erstattungspflichtige Partei mit den Mehrkosten zu belasten, die daraus resultieren, dass der ständig beauftragte Anwalt seinen Geschäftssitz an einem anderen Ort hat.
Nr. 7003 – 7006 VV RVG, § 91 ZPO LG München I AGS 2019, 485 1. Lediglich die notwendigen Kosten einer Partei sind von der Gegenseite zu erstatten. Zu diesen notwendigen Kosten gehört der Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts am Prozessort.

2. Fiktive Reisekosten sind insoweit erstattungsfähig, als sie für einen Prozessbevollmächtigten entstanden wären, der an dem am weitesten vom Gerichtsort entfernt liegenden Ort innerhalb des Gerichtsbezirks ansässig ist. Eine Partei kann die Reisekosten eines im Gerichtsbezirk niedergelassenen Anwalts ausnahmslos erstattet verlangen.
Nr. 7003 – 7006 VV RVG, § 91 ZPO OLG Naumburg AGS 2019, 551 1. Es handelt sich regelmäßig um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht beklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Rechtsanwalt mit der Vertretung beauftragt, selbst wenn sie sich mitunter am Ort des Prozessgerichts aufhält.

2. Die Kosten eines am dritten Ort beauftragten Rechtsanwalts sind jedenfalls bis zur Höhe der fiktiven Kosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Anwalts zu erstatten.
Nr. 7006 VV RVG, § 91 ZPO LG Memmingen VRR 4/2020, 3 (ls.) Übernachtungskosten des Prozessbevollmächtigten als sonstige Auslagen anlässlich einer Geschäftsreise sind zu erstatten, wenn diese angemessen sind. Dies ist regelmäßig dann gegeben, wenn die Übernachtung zweckmäßig ist oder wenn Hin- und Rückreise am selben Tag nicht möglich oder nicht zumutbar sind. In Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO ist dies dann anzunehmen, wenn die Hin- und Rückreise nicht im Zeitfenster von 6.00 Uhr bis 21.00 Uhr erfolgen können.
Nr. 7008 VV RVG AG Solingen VRR 12/2020, 3 (Ls.) = AGS 2021, 33 Für die Bemessung des Umsatzsteuersatzes ist – wie für die Bemessung der Vergütung – auf den Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 8 RVG, also die Beendigung des Rechtszuges abzustellen.

Dipl.- Rechtspfleger Joachim Volpert, Willich/Düsseldorf

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