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Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten für ein Luxusfahrzeug

1. Der Grundsatz, wonach im Haftpflichtschadenfall ein typengleiches Luxusfahrzeug als Ersatz angemietet werden darf, gilt nicht völlig schrankenlos: Einem Geschädigten kann es zugemutet werden, für kurze Zeit auf eine Luxusausstattung, das Prestige und/oder die besondere Fahrfreude eines Sportwagens zu verzichten, wenn ein typengleiches Fahrzeug nur für eine besonders hohe Miete erhältlich ist (hier das Vierfache des Tagespreises für ein Fahrzeug der höchsten Klassen nach den Schwacke- und Fraunhofer-Listen).

2. Im Rahmen der fiktiven Schadenabrechnung stellen die Kosten für eine Reparaturbestätigung in der Regel keine Kosten dar, die zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB sind.

(Leitsätze des Verfassers)

OLG Celle, Urt. v. 25.11.2020 – 14 U 93/20

I. Sachverhalt

Der Kläger ist Halter eines Ferrari, welcher durch einen bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw beschädigt worden war. Der Schaden wurde fiktiv auf Basis eines eingeholten Sachverständigengutachtens abgerechnet und das Fahrzeug sodann in Eigenregie instandgesetzt. Für den Zeitraum der Reparatur hatte der Kläger einen Lamborghini angemietet und begehrt nunmehr von der Beklagten u.a. die Erstattung der Kosten für eine Reparaturbestätigung sowie die Erstattung restlicher Mietwagenkosten. Erstinstanzlich wurden dem Kläger weitere Mietwagenkosten in Höhe von 122,53 EUR zugesprochen, im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die gegen das erstinstanzliche Urteil gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

II. Entscheidung

Das OLG Celle geht davon aus, dass die erstinstanzliche Klageabweisung im Hinblick auf die geltend gemachten Kosten für die Reparaturbestätigung sowie im Hinblick auf die restlichen Mietwagenkosten zurecht erfolgt sei.

Grundsätzlich seien die Kosten für eine Reparaturbestätigung im Rahmen der fiktiven Schadenabrechnung im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erstattungsfähig, da es sich nicht um Kosten handele, die zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB seien, sondern um eine Position, die ursächlich auf der freien Entscheidung des Geschädigten beruhe, sein Fahrzeug nicht in einem Fachbetrieb, sondern in Eigenregie reparieren zu lassen. Auf die Motivation des Geschädigten, im Hinblick auf eine mögliche spätere Veräußerung des Fahrzeugs oder einen eventuellen weiteren Unfallschaden an derselben Fahrzeugstelle den Nachweis einer ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur vorzuhalten, komme es nicht an. Zudem lasse sich mit einer solchen Bestätigung faktisch nichts nachweisen, wenn sie keine Angaben zum konkreten Reparaturzeitraum oder zu den tatsächlich ausgeführten Arbeiten enthalte. Ohne vorherige Aufforderung hierzu seitens der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung liege in der Einholung einer solchen Bestätigung ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB.

Der vom OLG Celle zu entscheidende Sachverhalt rechtfertigte keine hiervon abweichende Entscheidung: Die Reparaturbestätigung wurde durch die Beklagte nicht angefordert, der Kläger rechnete seinen Fahrzeugschaden fiktiv ab und die streitgegenständliche Reparaturbestätigung habe nach Auffassung des OLG Celle weder Aufschluss über den Zeitraum der erfolgten Reparatur noch über den Reparaturweg gegeben. Damit sei sie zum Nachweis eines etwaigen Nutzungsausfalles ebenso ungeeignet wie zum Nachweis der tatsächlich durchgeführten Reparaturmaßnahme, sodass sie zur Wiederherstellung des Unfallfahrzeugs nicht erforderlich gewesen sei. Vielmehr kombiniere der Kläger fiktive und konkrete Schadensabrechnung hinsichtlich ein- und derselben Schadensposition (hier: Fahrzeugschaden), ohne dass dies aus der Sicht eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Geschädigten sinnvoll wäre, was letztlich einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB darstelle.

Hinsichtlich der Mietwagenkosten könne der Geschädigte gemäß § 249 Abs. 2 BGB diejenigen Kosten vom Schädiger ersetzt verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich seines Fahrzeugs für erforderlich halten durfte, wobei der Halter eines Pkw grundsätzlich berechtigt sei, sich ersatzweise denselben oder einen vergleichbaren Wagentyp zu beschaffen. Der Fahrer eines Sportwagens dürfe also im Haftpflichtschadenfall grundsätzlich auch einen typengleichen Sportwagen als Mietfahrzeug wählen. Dies gelte nach Auffassung des OLG Celle allerdings nicht völlig schrankenlos.

Vielmehr habe sich der Geschädigte auf den Ausgleich der Nachteile zu beschränken, die nach der Verkehrsauffassung Vermögenswert besitzen. Hierzu zählen gute Fahreigenschaften, normaler Komfort, bequemer Sitz, Klimaanlage und eine dem Gebrauchszweck dienende besondere Einrichtung. Dagegen würde ein Verzicht auf den Ausgleich derjenigen Nachteile befürwortet, die lediglich zweckfrei die Freude am Fahren und das äußere Erscheinungsbild beträfen bzw. die durch eine ausgesprochene Luxusausstattung bedingt seien. Ein Geschädigter könne daher – so das OLG Celle im Einklang mit dem BGH, NJW 1982, 1518 – gehalten sein, sich für eine kurze Zeit mit einem weniger komfortablen Wagentyp zu begnügen, wenn ein typengleiches Fahrzeug nur für eine besonders hohe Miete zu haben sei.

So war es im vorliegenden Fall: Während nach dem Vortrag des Klägers ein seinem Ferrari vergleichbarer Mietwagen auf dem regionalen Markt nur zu einem Tagessatz von 600 bis 700 EUR anmietbar gewesen sei, hatte die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, ein Porsche Carrera oder ein 8-er BMW hätten für ca. 90 EUR bis 230 EUR pro Tag angemietet werden können. Mit dem außergerichtlich gezahlten und ausgeurteilten Gesamtbetrag in Höhe von 1.618,36 EUR habe dem Kläger somit ein Tagessatz von 147 EUR zur Verfügung gestanden, wofür ein Fahrzeug der höchsten Gruppen 10 und 11 nach den Fraunhofer- bzw. Schwacke-Listen hätte angemietet werden können, folglich ein Pkw, der hohen Fahrkomfort, eine gehobene Bequemlichkeit und eine erheblich überdurchschnittliche Fahrzeugausstattung geboten hätte (z.B. ein hochklassiger Audi oder BMW).

Selbstverständlich seien solche Fahrzeuge nach Auffassung des OLG Celle mit einem Ferrari oder einem Lamborghini nicht unmittelbar vergleichbar. Der Kläger habe allerdings nicht dargelegt, wozu er während der relativ kurzen Mietdauer von elf Tagen und einer Laufleistung von insgesamt 658 km unbedingt einen Sportwagen der Spitzenklasse benötigte. Auch mit einem sportiven BMW, Audi, Mercedes, Porsche oder einer anderen Marke hätte er aus Sicht der OLG Celle technisch auf hohem Niveau und mit beträchtlicher Reputation unterwegs sein können.

Die besonderen Fahreigenschaften eines Ferrari und dessen Ansehen stellten keine Werte dar, auf die der Kläger nicht für wenige Tage hätte verzichten können. Angesichts des Umstandes, dass der Tagesmietpreis für ein solches Fahrzeug deutlich – mehr als das Vierfache – über demjenigen für ein Fahrzeug aus der höchsten Fahrklasse der Fraunhofer- oder Schwackelisten gelegen habe, erscheine es dem OLG aus der Sicht eines wirtschaftlich und vernünftig denkenden Geschädigten nicht mehr angemessen, lediglich aus Gründen der Fahrfreude und des allgemeinen Prestiges auf Kosten des Schädigers einen exorbitant teuren Lamborghini anzumieten. Diese Gesichtspunkte würden ideelle Werte darstellen, die keine Vermögenseinbußen und somit keinen ersatzfähigen materiellen Schaden begründen würden.

III. Bedeutung für die Praxis

Exklusive Fahrzeuge der Marken Ferrari und Lamborghini nehmen sicherlich (noch) eine Sonderrolle im Rahmen der Schadenabwicklung ein, da die Anzahl der in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge vergleichsweise gering ist. Die Kosten der Anmietung eines solchen Fahrzeuges sind daher auch entsprechend hoch. Die vom OLG Celle vorgenommene Beschränkung auf den Ausgleich der Nachteile, die nach der Verkehrsauffassung Vermögenswert besitzen, dürfte daher der richtige Lösungsansatz sein.

Die dem Geschädigten verbleibende Möglichkeit, im Rahmen des Verfahrens ausführlich darzulegen, warum er ausnahmsweise auch für die Zeit der Anmietung unbedingt auf einen Ferrari oder Lamborghini angewiesen ist, dürfte sicherlich eher theoretischer Natur sein.

Keine Seltenheit sind hingegen vom Geschädigten ohne ausdrückliche Aufforderung seitens der gegnerischen Haftpflichtversicherung eingeholte Reparaturbestätigungen eines Sachverständigen, für welche in der Regel auch seitens des Sachverständigen Kosten berechnet werden. Der Mandant sollte auf das insoweit bestehende Kostenrisiko hingewiesen werden. Den Nachweis der Durchführung einer Reparatur oder der Weiternutzung des Fahrzeuges im Rahmen der fiktiven Abrechnung kann der Geschädigte auch ohne weiteres durch von ihm erstellte Lichtbilder des Fahrzeuges erbringen. Sollten die Lichtbilder der Versicherung nicht ausreichen und eine gutachterliche Reparaturbestätigung angefordert werden, sind die entsprechenden Kosten meiner Meinung nach auch konsequenterweise von der Versicherung zu erstatten.

RA und FA für VerkehrsR Markus Schroeder, Velbert

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