BGH, Urt. v. 24.11.2021 – VIII ZR 258/19
Die Mietvertragsparteien streiten um die Zahlung von Miete. Die Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus minderten die Miete wegen Lärm- und Schmutzimmissionen einer auf der anderen Straßenseite gelegenen Baustelle um 30 %. Sie klagten auf Feststellung, dass eine Mietminderung um 30 % gerechtfertigt sei und begehrten die Rückzahlung ihrer Auffassung zufolge überzahlter Miete. Die Klage hatte im Umfang einer Mietminderung von 15 % Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Vermieterin.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht vom Vorliegen einer stillschweigend getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung über die „Freiheit der Wohnung von Baulärm“ ausgegangen. Eine solche konkludente Beschaffenheitsvereinbarung kommt nur in Betracht, wenn der Mieter bestimmte Umstände als maßgebliches Kriterium für den Mietgebrauch ansieht und der Vermieter dem zustimmt. Anderenfalls kann der Mieter nicht davon ausgehen, dass der Vermieter die vertragliche Haftung für Umweltbedingungen übernehmen will. Derartige Umstände sind nicht deswegen anzunehmen, weil Immissionen typischerweise Einfluss auf die Höhe der ortsüblichen Miete haben. Dies würde dem Vermieter einseitig das Risiko geräusch- und schmutzintensiver Nutzungsänderungen auf dem Nachbargrundstück auferlegen. Vielmehr hält der BGH an seiner Rechtsprechung fest, dass Geräusch- und Schmutzimmissionen dann keinen Mangel der Mietsache gemäß § 536 Abs. 1 S. 1 BGB begründen, wenn auch der Vermieter sie ohne Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten hinnehmen muss. In diesem Rahmen muss der Mieter darlegen und beweisen, welche Art von Beeinträchtigungen zu welcher Tageszeit über welche Zeitdauer auftreten. Der Vermieter hat dann darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ihm gegen diese Immissionen weder Abwehr- noch Entschädigungsansprüche zustehen.
Erneut hat eine Zivilkammer des LG Berlin den Mut, die Rechtsprechung des BGH ausdrücklich als verfehlt zu behandeln. Dass dieser seine Rechtsprechung zu nachträglichen Umwelteinflüssen auch nicht auf dem Wege konkludenter Beschaffenheitsvereinbarungen aushebeln lässt, war vorhersehbar.
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