BGH, Beschl. v. 12.10.2021 – VIII ZR 91/20
Die Mietvertragsparteien streiten um die Räumung von Wohnraum. Der Beklagte mietete 2015 eine Wohnung der Klägerin in Berlin an. Mit Schreiben vom 7.5.2019 kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich wegen Zahlungsverzugs. Ferner kündigte sie mit weiteren Schreiben vom 26.7.2019 und 4.9.2019 fristlos, hilfsweise ordentlich wegen unerlaubter Untervermietung. Ihre erstinstanzlich erfolgreiche Klage auf Herausgabe der Wohnung wurde in der Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Nichtberücksichtigung ihrer weiteren Kündigungen rügt.
Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Substanzierung des Vortrags zur unerlaubten Untervermietung überspannt, da es den Vortrag für ungenügend hielt, wonach ein Mitarbeiter der Klägerin zwei vom Beklagten verschiedene Bewohner angetroffen habe, die über den Verbleib des Hauptmieters keine Auskunft hätten geben können. Diesem unter Beweis gestellten Vortrag zur unerlaubten Untervermietung hätte das Berufungsgericht nachgehen müssen. Zudem wurde die weitere auf unerlaubte Untervermietung gestützte Kündigung, die einen neuen Streitgegenstand darstellt, vom Berufungsgericht völlig übergangen, was den Anspruch der Vermieterin auf rechtliches Gehör verletzt. Schließlich hat das Berufungsgericht die in der Berufungsinstanz ausgesprochene weitere Kündigung im Kernvorbringen nicht zur Kenntnis genommen, wenn es das dem Mieter vorgeworfene Fehlverhalten (unwahrer Prozessvortrag) als unzulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz nicht berücksichtigt hat. Denn dieser erst im Prozess entstandene Kündigungsgrund war nicht gemäß § 533 ZPO ausgeschlossen.
Das Gericht wehrte sich mit den falschen Mitteln gegen die in letzter Zeit zunehmend zu beobachtende Häufung immer neuer Kündigungserklärungen noch im Prozess (s. hierzu jetzt Fleindl, Inflationäre Vermieterkündigungen im Räumungsprozess, FS Riecke 2019, 97 ff.). Der BGH betont zu Recht, dass diese jeweils einen neuen Streitgegenstand darstellen. Folglich kann das Gericht derartige Klageerweiterungen abtrennen, da sie in der Sache einen neuen Rechtsstreit darstellen und die Erledigung des ursprünglichen Rechtsstreits verzögern.
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