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Betriebspflicht, Konkurrenzschutz und unrichtige Betriebskosten

Betriebspflicht, Konkurrenzschutz und unrichtige Betriebskosten

BGH, Urt. v. 6.10.2021 – XII ZR 11/20

I. Der Fall

Die Mietvertragsparteien streiten um die Durchsetzung einer Betriebspflicht. Zwischen ihnen bestand ein Mietvertrag über Gewerbemieträume zum Betrieb „eines hochwertigen FanWorld‘-Einzelhandelsgeschäftes für den Verkauf von „Fan-, Lizenz- und Geschenkartikeln und Accessoires“. Vereinbart waren Kernöffnungszeiten von 9.00 Uhr bis 22.00 Uhr an Werktagen (einschließlich Samstag). Die Vermieterin legte baumangelbedingte Kosten für Brandwachen und Möblierungskosten auf den Mieter um, der diese zutreffend als nicht umlagefähig beanstandete. Mit Schreiben vom 29.12.2017 kündigte der Mieter außerordentlich zum 31.12.2017, hilfsweise ordentlich, wegen zu hoher Miete und fehlender Kundenfrequenz. Mit Schreiben vom 10.3.2018 kündigte er erneut aus wichtigem Grund wegen der fehlerhaften Betriebskostenabrechnungen. Mit einstweiliger Verfügung vom 4.1.2018 wurde er zur Wiedereröffnung der Ladenfläche und zum Betrieb des Geschäftslokals verpflichtet. Im Hauptsacheverfahren bestätigte das Berufungsgericht die Betriebspflicht an Werktagen von 10.00 Uhr bis 21.00 Uhr. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel hatte Erfolg. Allerdings ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die dem Mieter auferlegte Betriebspflicht keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 BGB darstellt. Dies ist nur der Fall, wenn sie neben einer engen Sortimentsbindung unter Ausschluss des Konkurrenzschutzes kumulativ vereinbart wird. Denn dann fehlt es dem Mieter an Möglichkeiten, sich durch Veränderung des Angebots an die Konkurrenzsituation anzupassen oder wenigstens durch Verringerung der Öffnungszeiten seine Kosten zu senken. Dies ist bei der weit gefassten Beschränkung des Sortiments auf Fan-, Lizenz- und Geschenkartikeln und Accessoires nicht der Fall. Vielmehr würde ein Konkurrenzschutz bei einer derart unbestimmten Bezeichnung umgekehrt die Vermietbarkeit der anderen Geschäfte beeinträchtigen.

Hingegen beruhen die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur Fortdauer des Mietverhältnisses trotz außerordentlicher Kündigung vom 10.3.2018 nicht auf tragfähigen Feststellungen. Unredlichkeiten des Vermieters in Form falscher Abrechnungen rechtfertigen eine außerordentliche Kündigung, wenn dem Mieter infolgedessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (LG Berlin GE 2003, 1081; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. § 543 Rn 72). Hier hat der Vermieter seine unrichtige Abrechnung auch nach entsprechenden Vorhalten in nicht mehr vertretbarer Weise verteidigt. In diesem Fall bedarf es noch nicht einmal einer Abmahnung, wenn der Vermieter den zumindest bedingten Vorsatz gefasst hat, eine falsche Abrechnung mit wahrheitswidrigen Angaben zu verteidigen. Davon ist hier angesichts des Vortrags im einstweiligen Verfügungsverfahren auszugehen.

III. Der Praxistipp

Die Entscheidung dürfte hinsichtlich der Kündigung wegen vorsätzlich falscher Abrechnung der Betriebskosten auf das Wohnraummietrecht übertragbar sein. Dort wurde bei ähnlichen Fehlern der Betriebskostenabrechnung etwa infolge der Einstellung bewusst falscher Werte zudem deren formelle Ordnungsmäßigkeit verneint (LG Bonn v. 8.1.2015 – 6 S 138/14, WuM 2015, 358).

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