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Kosten einer baulichen Veränderung

BGH,Urt.v.15.5.2020–V ZR 64/19

I. Der Fall

Die Parteien, die Eigentümer zweier Wohnungen, streiten um die Beseitigung von Außenjalousien. Die in den Tatsacheninstanzen erfolglose Klage wurde vom BGH mit Urt. v. 20.7.2018 – V ZR 56/17 (NJW-RR 2018, 1165) zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Während des Berufungsverfahrens gestattete die Eigentümerversammlung vom 28.9.2018 die fachgerechte Anbringung von Außenjalousien in einheitlicher Art und Form auf eigene Kosten der jeweiligen Eigentümer. Die Kläger begehren die Beseitigung dieser Jalousien. Ihre Klage hatte wiederum keinen Erfolg. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger.

II. Die Entscheidung

Das Rechtsmittel blieb ohne Erfolg. Zwar kann ein nachteilig betroffener Wohnungseigentümer die Unterlassung oder Beseitigung einer baulichen Veränderung verlangen, die ihn gemäß § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt. Hier wurde die bauliche Veränderung aber durch Beschl. v. 28.9.2018 genehmigt.

Eine solche nachträgliche Genehmigung ist nach § 22 Abs. 1 WEG zulässig und schließt Beseitigungsansprüche beeinträchtigter Wohnungseigentümer aus. Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage ändert hieran nichts, da ein Beschluss bis zu seiner rechtskräftigen Ungültigerklärung wirksam ist. Die fehlende Zustimmung der hierdurch beeinträchtigten Kläger führt nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit dieses Beschlusses. Der Beschl. v. 28.9.2018 ist auch nicht im Hinblick auf die dort getroffene Kostenregelung nichtig. Zwar würde deren Nichtigkeit zur Gesamtnichtigkeit des gesamten Beschlusses führen, da nicht davon auszugehen ist, dass die Wohnungseigentümer eine nur im Interesse einzelner Miteigentümer liegende bauliche Veränderung ohne Kostenregelung zu deren Lasten genehmigen würden. Die Kostenregelung im Beschl. v. 28.9.2018 ist aber nicht nichtig. Denn sie stellt keine Kostenverteilung dar, der § 16 Abs. 4 WEG entgegenstehen könnte. Zwar ist nach dieser Vorschrift eine Kostenverteilung nichtig, die über einen Einzelfall hinausgeht. Hierum geht es in dem angegriffenen Beschluss nicht. Vielmehr haben die Wohnungseigentümer nur von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, einer baulichen Veränderung unter bestimmten Maßgaben zuzustimmen. Ob der hiervon begünstigte Wohnungseigentümer hiervon Gebrauch macht, bleibt ihm überlassen. Der Gemeinschaft entstehen in keinem Falle Kosten, die zu verteilen wären. Dies gilt auch für Folgekosten. An ihnen wären die Wohnungseigentümer im Übrigen schon entsprechend der Grundregel des § 16 Abs. 6 WEG nicht zu beteiligen, da sie der baulichen Veränderung nur unter Freistellung von den Kosten zugestimmt haben und daher denjenigen, die nicht zugestimmt haben gleichzustellen sind. Ob das Berufungsgericht die Entscheidung über die Beseitigung der baulichen Veränderung im Hinblick auf die Anfechtung des Beschlusses vom 28.9.2018 hätte aussetzen müssen, hätte zwar in der Revision überprüft werden können. Dies hätte jedoch eine Verfahrensrüge nach § 557 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2b) ZPO erfordert, an der es hier fehlt.

III. Der Praxistipp

Die Entscheidung zeigt, wie wichtig ein prozessual korrektes Vorgehen ist. Die Kläger hätten sich die komplizierte Argumentation mit der Nichtigkeit der Kostenregelung, die den ganzen Beschluss über die bauliche Veränderung erfasst, sparen können, wenn sie rechtzeitig die Aussetzung ihrer Klage auf Beseitigung der baulichen Veränderung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschlussanfechtungsverfahrens geltend gemacht hätten. In der Sache bestätigt der BGH die ganz h.M., dass eine bauliche Veränderung auch nachträglich genehmigt werden kann. Ferner korrigiert er seine engherzige Rechtsprechung zum „Einzelfall“ nach § 16 Abs. 4 WEG (BGH vom 18.6.2010 – V ZR 164/09, ZMR 2010, 866 = ZWE 2011, 35) über den Kniff mit der Genehmigung unter Bedingungen. Die Kompetenz für den Beschluss über die Kosten resultiert damit noch aus § 22 Abs. 1 WEG. Über § 16 Abs. 4 WEG wäre dies nicht möglich gewesen, da nach dieser Rechtsprechung die hier getroffene Kostenregelung nämlich kein Einzelfall gewesen wäre, da sie sämtliche Jalousien betroffen hätte.

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