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Klagebefugnis für eine vermietende GbR und Voraussetzungen der Aufrechnung mit geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen

Klagebefugnis für eine vermietende GbR und Voraussetzungen der Aufrechnung mit geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen

BGH, Urt. v. 7.7.2021 – VIII ZR 52/20

I. Der Fall

Die Mietvertragsparteien streiten um die Zahlung von Miete und Betriebskosten. Nach dem Mietvertrag zwischen der Vermieterin, einer aus zwei Gesellschaftern bestehenden GbR, und dem Beklagten hatte dieser für eine Wohnung in Düsseldorf 1.000 EUR Miete und eine Betriebskostenvorauszahlung von 303,75 EUR monatlich zu erbringen. Die GbR rechnete die Betriebskosten für kein Abrechnungsjahr ab. Seit September 2016 erfolgten keine Zahlungen des Mieters mehr. Der Mieter kündigte das Mietverhältnis zum 30.4.2017. An diesem Tag unterzeichneten ein Gesellschafter der Vermieterin, der Ehemann der anderen Gesellschafterin, und der Mieter eine Vereinbarung, wonach „alle wechselseitigen Ansprüche für die Zukunft oder die Vergangenheit, gleich ob bekannt oder unbekannt, abgegolten“ sein sollten. Die andere Gesellschafterin der Vermieterin begehrt nun die Zahlung der rückständigen Miete samt Betriebskosten an die GbR. Ihre Klage blieb in zweiter Instanz erfolglos, da dort die Aufrechnung mit den Vorauszahlungen für durchgreifend erachtet wurde. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin und die Anschlussrevision des Beklagten.

II. Die Entscheidung

Die Rechtsmittel hatten einstweilen Erfolg. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fehlt es bereits an der Prozessführungsbefugnis der Klägerin. Denn sie macht mit der Klageforderung ein Recht geltend, das der GbR zusteht. Dies setzt voraus, dass sie die Befugnis zur Führung dieses Prozesses dartut und gegebenenfalls beweist. Dies gilt auch für die beantragte Zahlung an die GbR. Selbst eine vom Gesetz abweichende Einzelvertretungsbefugnis würde der Klägerin nicht das Recht geben, den Prozess in eigenem Namen zu führen. Auch eine actio pro socio liegt nicht vor, da diese nur die Geltendmachung eines Anspruches aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen einen Mitgesellschafter, nicht aber ein Vorgehen gegen Dritte ermöglicht. Ebenso wenig kann die Klägerin im Wege einer actio pro societate vorgehen, da ihre Klage weder zur Erhaltung eines zur Gemeinschaft gehörenden Gegenstands erforderlich noch ein gesellschaftswidriges Zusammenwirken des anderen Gesellschafters mit dem Beklagten dargelegt ist. Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt neben einem eigenen schutzwürdigen Interesse des Prozessstandschafters eine Ermächtigung durch den Berechtigten voraus, wozu hier ebenfalls jeder Vortrag fehlt.

Die Anschlussrevision hat schon deswegen Erfolg, weil das Berufungsgericht mangels Prozessführungsbefugnis der Klägerin keine Entscheidung zu Lasten des Beklagten treffen durfte. Das hat es aber getan, indem es die Klage unter Zuerkennung der Mieten nur aufgrund der Hilfsaufrechnung abgewiesen hat. Für den Fall, dass das Berufungsgericht die Klage nach der Zurückverweisung für zulässig hält, hat es zu prüfen, ob der Ehemann der Klägerin als Mitgesellschafter zum Abschluss einer Abgeltungsvereinbarung bevollmächtigt war. In Betracht kommt entweder ein Handeln als zur Einzelvertretung befugter organschaftlicher Vertreter oder eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung.

Ohne eine solche Befugnis wäre die Klageabweisung aufgrund der Hilfsaufrechnung nicht gerechtfertigt. Dem Beklagten steht nämlich keine Gegenforderung in Form eines Anspruchs auf Erstattung der Betriebskostenvorauszahlungen für den gesamten Zeitraum von 2014 bis 2016 zu. Denn er hatte nach Ablauf der Abrechnungsperiode für die Jahre 2014 und 2015 noch im laufenden Mietverhältnis die Möglichkeit, durch Geltendmachung seines Zurückbehaltungsrechtes Druck auf die Vermieterin ausüben und sie so zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung veranlassen.

III. Der Praxistipp

Die Entscheidung bleibt hinsichtlich der Klage auf Zahlung der „Betriebskosten“ unklar. Sofern sie nicht abgerechnet wurden und noch die Vorauszahlungen begehrt wurden, ist die Klage nach Eintritt der Abrechnungsreife ohnehin unbegründet (vgl. schon BGH v. 27.11.2002 – VIII ZR 108/02, ZMR 2003, 334, 335). Sofern aber zwischenzeitlich abgerechnet wurde, entfällt das Zurückbehaltungsrecht des Mieters. Im Übrigen bewegt sich die Entscheidung in den Bahnen herkömmlicher mietrechtlicher Dogmatik.

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