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E. beA Rechtsprechung: Kontrolle der Eingangsbestätigung

Wissen Sie, an welcher Stelle im beA Sie kontrollieren müssen, ob Ihr Schriftsatz rechtswirksam bei Gericht eingegangen ist? Überprüfen Sie stichprobenartig, ob Ihre Mitarbeiter diese Kontrolle durchführen, bevor eine Frist gestrichen wird? Gerade Kanzleien, die das beA schon intensiv nutzen, sollten ihre Arbeitsabläufe überprüfen.

Der BGH zeigt in seiner Entscheidung vom 11.5.2021 – VIII ZB 9/20 – auf, was Kanzleien beachten sollten und weist darauf hin, dass die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax entsprechen.

Es begann bereits vor mehr als zwei Jahren. Gegen das am 10.7.2019 zugestellte Urteil hatte die Klägerin noch rechtzeitig Berufung eingelegt. Dann allerdings ging die Berufungsbegründungsschrift bis zum Ablauf der Frist nicht bei Gericht ein. Die Klägerin beantragte wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründet die Berufung zugleich.

Die Rechtsbeschwerde wurde zurückgewiesen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt.

Aus den Gründen:

„Zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung hat sie – unter Beifügung verschiedener Auszüge aus dem Protokoll des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (im Folgenden beA) ihrer Prozessbevollmächtigten – ausgeführt, die bei letzterer seit vier Jahren beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte habe die Berufungsbegründung am 10.9.2019 fristgerecht per beA an das Berufungsgericht versandt. An diesem Tag seien vier weitere Übermittlungen erfolgt, die ohne Beanstandung geblieben seien. Alle Nachrichten seien laut Protokoll an das beA übermittelt worden. Ihre Prozessbevollmächtigte nutze das beA seit März 2019 täglich, ohne dass es bei der Übersendung von bisher 170 Nachrichten zu Beanstandungen gekommen sei. Für das Büropersonal gebe es die Arbeitsanweisung, dass eine Frist aus dem Fristenkalender „erst nach Überprüfung der Erledigung und Anweisung durch die“ Prozessbevollmächtigte der Klägerin gestrichen werden dürfe. Beim Versand von Nachrichten über das beA erfolge eine Überprüfung „insbesondere hinsichtlich Versand und Fehlermeldungen“. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt worden. Fehler seien hierbei nicht zu erkennen gewesen.

I.Dienstliche Stellungnahme der Geschäftsstelle

Das Gericht hat aufgrund dieser Erklärung eine dienstliche Stellungnahme der Berufungseingangsgeschäftsstelle eingeholt. Darin habe die zuständige Mitarbeiterin dieser Geschäftsstelle erklärt, sie habe gemeinsam mit einer Mitarbeiterin des I. Fachzentrums das Programm der elektronischen Akte („eAkte“) nach der Berufungsbegründung durchsucht. Für den 10.9.2021 sei jedes eingegangene Datenpaket überprüft worden. Ein Eingang aus der Kanzlei des Prozessbevollmächtigen der Klägerin habe nicht aufgefunden werden können.

II.Aufforderung zur Übersendung des Übermittlungsprotokolls

Ohne der Klägerin diese dienstliche Stellungnahme zur Kenntnis zu geben, hat das Berufungsgericht bei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin danach die automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs der Berufungsbegründung (§ 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO) angefordert. Dieser Aufforderung kam der Prozessbevollmächtigte auch nach.

Allerdings ergab sich aus dem Übermittlungsprotokoll der Hinweis:

„Die Nachricht konnte nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden.”

und unter dem Unterpunkt „Übermittlungsstatus“ außerdem die Angabe:

„Fehlerhaft“.

Daraufhin hat das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.

III.Wann ist ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen?

Dazu der BGH:

„Gemäß § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO sei ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert sei.“

IV.Entscheidend ist die automatisierte Eingangsbestätigung

„Dem Absender sei gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO eine automatisierte Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs zu erteilen. Eine solche Bestätigung habe die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht erhalten. Vielmehr sei ihr angezeigt worden, dass die Übermittlung nicht habe durchgeführt werden können.

V.Rechtsanwalt muss kontrollieren

„Bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze im elektronischen Rechtsverkehr müsse der Rechtsanwalt kontrollieren, ob er die elektronische Bestätigung über den Zeitpunkt des Eingangs nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten habe. Bei Ausbleiben dieser Eingangsbestätigung müsse er eine Überprüfung und gegebenenfalls eine erneute Übermittlung veranlassen. Insoweit sei die automatisierte Empfangsbestätigung mit dem Sendeprotokoll eines Telefaxes vergleichbar.“

VI.Definierte Arbeitsanweisung genügte nicht

„Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich, dass weder ihrer Prozessbevollmächtigten noch deren Personal bewusst gewesen sei, dass es auf die automatisierte Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO entscheidend ankomme. Dementsprechend genüge auch die oben genannte Arbeitsanweisung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin diesen Anforderungen nicht.“

VII.Fehler wäre vermeidbar gewesen

„Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin oder deren Mitarbeiterin hätten insbesondere nicht aufgrund des Vermerks im beA-Protokoll „Die Ausgangsnachricht S. ./. R. wurde an beA übertragen“ sowie des oberhalb des Abschnitts „Zusammenfassung Prüfprotokoll“ befindlichen Vermerks „Zugegangen: 10.9.2019 11:48“ annehmen dürfen, dass die Berufungsbegründung ordnungsgemäß an das Berufungsgericht übersandt worden sei. Denn die Vermerke hätten ersichtlich die Übermittlung an das beA der Bundesrechtsanwaltskammer, nicht die weitere Übermittlung an das Berufungsgericht betroffen.

Es komme auch nicht darauf an, ob der Übermittlungsfehler an den Intermediär-Server des Empfängers außerhalb des Wirkungskreises der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gelegen habe. Denn bei pflichtgemäßer Überprüfung hätte, da die Übermittlung bereits gegen Mittag versucht worden sei, noch ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, um die Berufungsbegründung bei erneutem Fehlschlagen der elektronischen Übermittlung stattdessen per Telefax fristwahrend an das Berufungsgericht zu übermitteln.“

VIII.Rechtsfrage des Eingangs ist höchstrichterlich geklärt

Auch der Antrag, zu klären, ob der Eingang auf dem Justizserver oder der Zugriff des Gerichts maßgeblich sei, wurde zurückgewiesen, da diese Rechtsfrage höchstrichterlich geklärt sei. Hierzu wird auf die BGH-Entscheidung vom 14.5.2020 (X ZR 119/18) verwiesen.

„… dass ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument wirksam bei Gericht eingegangen ist, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) gespeichert worden ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist demgegenüber unerheblich …“

IX.Anwaltliche Sorgfaltspflicht analog Telefax-Übermittlung

Beim beA gelten die Anforderungen, die auch für das Telefax maßgeblich sind:

„Nach dieser Rechtsprechung, die der Senat für überzeugend erachtet, entsprechen die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen.“

X.Kontrolle ist zwingend erforderlich

„Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Die Eingangsbestätigung soll dem Absender unmittelbar und ohne weiteres Eingreifen eines Justizbediensteten Gewissheit darüber verschaffen, ob die Übermittlung an das Gericht erfolgreich war oder ob weitere Bemühungen zur erfolgreichen Übermittlung des elektronischen Dokuments erforderlich sind.“

XI.Eingangsbestätigung gibt Sicherheit

„Hat der Rechtsanwalt eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen.“

XII.Personal muss kontrollieren und kontrolliert werden

„Weiter ist durch die vorgenannte höchstrichterliche Rechtsprechung, die der Senat auch insoweit für überzeugend erachtet, geklärt, dass ein Rechtsanwalt, wenn er fristwahrende Schriftsätze über das beA an das Gericht versendet, in seiner Kanzlei das zuständige Personal dahingehend anzuweisen hat, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen.“

Dann gibt der BGH noch Hinweise, welche Meldung erscheinen muss, damit die Frist gewahrt ist:

„Wäre eine Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin übermittelt worden, hätte das beA an den hier in Rede stehenden Stellen des von ihr vorgelegten Übermittlungsprotokolls unter dem Abschnitt „Zusammenfassung Prüfprotokoll“, Unterpunkt „Meldungstext“, statt der vorliegend erfolgten Meldung „die Nachricht konnte nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden“ die Meldung „request executed“ und unter dem Unterpunkt „Übermittlungsstatus“ statt der Meldung „fehlerhaft“ die Meldung „erfolgreich“ angezeigt.“

Praxistipp:

Überprüfen Sie immer nach dem Senden im Ordner „Gesendet“ in der geöffneten Nachricht, ob das Dokument auf dem Gerichtsserver „Erfolgreich“ eingegangen ist:

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Lassen Sie sich dabei nicht irritieren, mal kommt die Meldung auf Deutsch: „Auftrag ausgeführt, Dialog beendet“, mal auf Englisch: „Request executed, dialog closed“. Erfolgreich ist der Übermittlungsstatus in beiden Fällen!

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Exportieren Sie danach die Nachricht, so finden Sie in der Zusammenfassung des Prüfprotokolls jeweils den Status „kein Fehler“.

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