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BAG: Feiertagszuschlag nur bei Feiertag an regelmäßigem Beschäftigungsort

Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Feiertagszuschläge nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes der Länder, wenn an ihrem regelmäßigen Beschäftigungsort ein gesetzlicher Feiertag ist.

[Amtlicher Leitsatz]

BAG, Urt. v. 1.8.20246 AZR 38/24

I. Der Fall

Beschäftigungsort: NRW

Die Parteien streiten über einen tariflichen Feiertagszuschlag. Der Kläger ist beim beklagten Universitätsklinikum als technische Fachkraft angestellt und im Wege der Personalgestellung bei der ebenfalls in NRW ansässigen U GmbH eingesetzt. Dort befindet sich auch sein regelmäßiger Beschäftigungsort. Auf das Arbeitsverhältnis findet der TV-L Anwendung, der Zuschläge für Arbeit an gesetzlichen Feiertagen vorsieht.

Arbeitseinsatz in Hessen

Der Kläger nahm auf Anordnung seines Vorgesetzten ab dem 1.11.2021 (Allerheiligen), einem Montag, an einem fünftägigen Gerätelehrgang bei der Firma B in Hessen teil. Schulungszweck war der Erwerb von Wissen im Umgang mit den Geräten der U GmbH. Allerheiligen ist in NRW ein gesetzlicher Feiertag, nicht dagegen in Hessen.

Klage auf Feiertagszuschlag

Das beklagte Klinikum gewährte dem Kläger keinen Feiertagszuschlag. Mit seiner Klage machte der Kläger einen 35 %igen Feiertagszuschlag in Höhe von – unstreitigen – 82,56 EUR brutto geltend.

Verfahrensgang

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt (ArbG Münster, Urt. v. 27.4.2023 – 2 Ca 1399/22). Die dagegen eingelegte Berufung hatte Erfolg: Das LAG Hamm wies die Klage gegen das beklagte Klinikum unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils ab (LAG Hamm, Urt. v. 11.1.2024 – 11 Sa 936/23). Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

II. Die Entscheidung

Revision erfolgreich

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Das BAG entschied, dass dem Kläger der geltende gemachte Anspruch auf Feiertagszuschläge zustehe. Das ergebe die Auslegung der Tarifnorm. Tarifvertragliche Regelungen über die Zahlung eines Zuschlags für Feiertagsarbeit knüpften regelmäßig an die gesetzlichen Feiertage am Beschäftigungsort an. Abweichende Regelungen müssten deutlich erkennbar sein.

Auslegung

An einer solchen Abweichung fehle es aber vorliegend. Zwar sehe die streitgegenständliche Regelung (§ 8 I idF des § 43 Nr. 5 TV-L) nicht vor, ob am Ort des tatsächlichen Arbeitseinsatzes oder am regelmäßigen Beschäftigungsort Feiertag sein muss. Aus Sinn und Zweck der Norm folge jedoch, dass für die Zuschlagsberechtigung auf den regelmäßigen Beschäftigungsort des Arbeitnehmers abzustellen sei. Durch die Höhe des Zuschlags komme die besondere Bedeutung zum Ausdruck, die die Tarifvertragsparteien dem Recht der Arbeitnehmer beigemessen hätten, Zeiten der Arbeitsruhe und seelischen Erbauung, die in der sozialen Wirklichkeit seit jeher insbesondere auch im Freundeskreis, einem aktiven Vereinsleben und in der Familie stattfinden, gemeinsam zu gestalten. Die mit der Erbringung von Feiertagsarbeit verbundene fehlende Teilhabe des betroffenen Arbeitnehmers hieran solle eine besondere Kompensation erfahren.

Gewöhnlicher Beschäftigungsort entscheidend

Vor diesem Hintergrund stelle die Tarifnorm für die Zuschlagspflicht auf den gewöhnlichen Beschäftigungsort ab, da dies der Ort sei, an dem der Arbeitnehmer typischerweise ein dem Feiertagsgedanken entsprechendes soziales Umfeld habe. Eine Ausnahme gelte nur, wenn er abgeordnet oder versetzt worden sei. Eine solche Abordnung oder Versetzung liege allerdings nicht vor.

Verstoß gegen ArbZG unschädlich

Für einen Anspruch auf den Feiertagszuschlag sei es, anders als noch vom LAG angenommen, zudem unschädlich, wenn eine Beschäftigung an einem gesetzlichen Feiertag wegen Verstoßes gegen das öffentlich-rechtliche Arbeitszeitrecht rechtswidrig ist.

III. Der Praxistipp

praktische Lösung

Während in Bayern 13 gesetzliche Feiertage existieren, gibt es in Ländern wie Berlin, Hamburg oder Hessen nur 10. Insoweit ist die Frage, wie bei länderübergreifenden Arbeitseinsätzen zu verfahren ist, durchaus relevant. Die Frage stellt sich auch bei der umgekehrten Konstellation, wenn der Arbeitnehmer, der in Hessen seinen gewöhnlichen Arbeitsort hat, aber in Bayern an Allerheiligen eingesetzt wird. Klar ist, arbeiten darf er nicht (§ 9 ArbZG), hier kommt es wiederum auf den tatsächlichen Beschäftigungsort an. Das Urteil des BAG bietet mit seiner Entscheidung den Arbeitsvertragsparteien eine sachgerechte, rechtssichere und nachvollziehbare Handhabung.

Abweichungen möglich

Das BAG stellt aber auch klar, dass Abweichungen von den Tarifvertragsparteien und ggf. auch von den Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden können.

Dr. Jannis Kamann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Köln, kamann@michelspmks.de

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